Wir alle haben eine unbewusste Sehnsucht zur Natur. Wir spüren, dass uns der Aufenthalt in der Natur gut tut. Diese Sehnsucht oder Liebe zur Natur wurde vom berühmten Psychologen Erich Fromm als Biophilia bezeichnet, was aus dem Griechischen übersetzt so viel bedeutet wie „Liebe zum Leben“ oder „Liebe zu Lebendigem“.
Insbesondere der Wald ist seit jeher ein Sehnsuchtsort und wir Menschen suchten schon immer seine Nähe. Unter seinem Blätterdach finden wir Schutz und Geborgenheit. Mit seiner unendlichen Schönheit fasziniert er uns und inspiriert Dichter und Künstler. Das angenehme Klima, die frische saubere Luft, der weiche, federnde Boden und der würzige Geruch geben uns ein Wohlgefühl. Sowohl die Stille als auch die Stimmen des Waldes beruhigen uns. Die majestätischen Bäume sind Sinnbild für Kraft und Standfestigkeit.
Woher kommt die Biophilia?
Über Jahrmillionen entwickelte sich der Mensch in seiner natürlichen Umwelt, umgeben von Pflanzen und Tieren. Wir sind mit der Natur ko-evolutioniert und unser Organismus funktioniert noch immer in diesem naturbasierten Modus. Daher hat die Natur so wohltuende und heilende Wirkung auf uns.
Einfach da sein …
Einfach atmen …
Einfach du selbst sein …
Wurzeln finden …
Dein Herz öffnen …
Ins Zwiegespräch mit der Natur kommen …
Den Geist fliegen lassen …
„Wir sind Teil der Wildnis des Universums. Sie ist unsere Natur. Unser nobelster, glücklichster Charakter entfaltet sich unter dem Einfluss der Wildnis. Von ihr getrennt degenerieren wir. Mit ihr sind wir zu Hause.“
– Howard Zahniser, Schriftsteller und Umweltaktivist, 1906-1964
Willst du eine Auszeit von der Gesellschaft, weg vom Konsumterror, von der digitalen Welt, von den Erwartungen anderer, vom Leistungsdruck ?
Da wir Menschen uns über Jahrmillionen in einer natürlichen Umwelt entwickelt haben, umgeben von Pflanzen und Tieren, betrachten unsere Körpersysteme die Natur als unser Zuhause.
Durch das moderne, urbane Leben haben wir unsere Wurzeln, unsere eigentliche Heimat, verloren. Wir haben uns weit vom Zugang zur Natur entfernt. Dadurch haben wir unsere Körpersysteme durcheinandergebracht. Wir sind nicht an das urbane Leben angepasst. So leben wir in einem dauerhaften Stresszustand, in einer Art Urbanisierungsstress. Dieser führt zu den bekannten Zivilisationskrankheiten und einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen.
Kommen wir mit der Natur in Kontakt, kommen wir auch mit uns selbst in Kontakt.
Mithilfe von Achtsamkeit kannst du dir wieder bewusst werden, dass du ein Teil der Natur bist und die Natur ein Teil von dir ist. Du kannst wieder mit ihr in Interaktion treten und eine tiefe Beziehung zu ihr herstellen. Dazu musst du einfach mal aus dem Treiben der Zivilisation aussteigen, das Handy ausschalten, dich neben eine Blume setzen oder an einen Baum anlehnen, im Hier und Jetzt ankommen, einfach da sein und wahrnehmen, das Denken ausschalten. In dieser meditativen Versenkung merkst du, dass du dich nicht mehr im Alltagsbewusstsein befindest, sondern in einer tieferen Bewussteinsebene, Beobachter und beobachtetes Objekt verschmelzen miteinander. Wenn du diese Verbindung zur Natur und zu allem um dich herum spürst, verschwinden Ängste und Sorgen, du fühlst dich zu Hause und geborgen. Du entspannst dich und dein Stresslevel sinkt.
Der Wald ist ein großer lebender Organismus. Alles kommuniziert miteinander, und du bist mittendrin, und auch du kommunizierst mit dem Wald und der Wald mit dir. Die Bäume kommunizieren über ein weit verzweigtes Wurzel-Pilz-Netzwerk im Boden miteinander, und sie tauschen Nährstoffe über diesen Weg aus. Über die Luft senden die Bäume bioaktive Substanzen, die sogenannten Terpene, aus, um sich Botschaften zu übermitteln. Und diese Terpene werden auch von deinem Körper über die Haut und vor allem über die Atmung aufgenommen. Weil du mit der Natur so eng zusammen ko-evolutioniert bist, versteht dein Körper die Terpene, und dein Immunsystem wird dadurch aktiviert. Du bist nicht abgesondert neben der Natur, du hörst nicht an deiner Hautoberfläche auf. Du interagierst mit den Terpenen, du atmest den Sauerstoff ein, den die Bäume abgeben, und die Bäume nehmen das Kohlenstoffdioxid auf, das du ausatmest.
Komm mit in den Wald und lausche dem Rascheln der Blätter, dem Gurgeln des Wassers, dem Vogelgesang, staune darüber, wie das Licht durch die Blätter fällt und sich in Millionen von Grüntönen bricht, nimm den würzigen Geruch des Waldes wahr, rieche die Düfte der Kräuter, Harze und Moose und spüre den Waldboden unter deinen Fußsohlen. Genieße mit allen Sinnen.
In der Natur darfst du sein, wie du bist. Die Natur interessiert sich nicht für deine Leistung, dein Aussehen, dein Gehalt, deine psychische Verfassung. Hier kannst du einfach am Netzwerk des Lebens teilnehmen, spüren, wie du Teil der Natur bist und die Natur Teil von dir ist.
Waldbaden wurde in Japan entwickelt und heißt dort „Shinrin Yoku“. Übersetzt heisst das soviel wie „Baden in der Waldluft“. Wir tauchen dabei in die heilsame Atmosphäre des Waldes ein, nehmen die Natur bewusst in uns auf und werden eins mit ihr. Wir verbinden uns mit allen Sinnen mit allem um uns herum. Anders als beim Spazieren schlendern wir ganz langsam, der Weg ist hier das Ziel. Dies geschieht mit Achtsamkeit und Absichtslosigkeit. Das hat nachweisbar positive Auswirkungen auf unsere körperliche und geistige Gesundheit.
Die Wurzeln des Waldbadens liegen in den 1970er Jahren. Damals reiste ein Forstwissenschaftler aus Japan nach Deutschland und stellte fest, dass die Deutschen den Wald zur Erholung nutzten, und brachte die Idee nach Japan. Dort hat Akiyama Tomohide den Begriff Shinrin Yoku ins Leben gerufen. Der erste Waldbaden-Wald war der Akasawa-Wald in Japan. Danach wurde weltweit viel Forschung betrieben und 2007 gründete Dr. Qing Li die Waldmedizin als anerkannte, wissenschaftlich untermauerte Stressbewältigungsmethode. Heute gibt es viele Studien, die zeigen, dass die Wirkungen des Waldbadens nachweisbar und messbar sind.
Unser vegetatives Nervensystem besteht aus Sympathikus und Parasympathikus. Bei Stress ist der Sympathikus aktiv. Im Ruhemodus ist der Parasympathikus aktiv. Dieser is zuständig für Erholung, Schlaf, Regeneration und Verdauung. Waldbaden aktiviert den Parasympathikus, was zur Folge hat, dass der Blutdruck sich normalisert, die Atmung ruhiger und tiefer wird und der Blutzucker sinkt.
Durch die Atemübungen wird der Stoffwechsel angeregt, der Körper besser mit Sauerstoff versorgt und der Blutdruck gesenkt und der Parasympathikus aktiviert.
Stress führt zu einer Erhöhung von Adrenalin und Cortisol. Die Folge davon sind Schlafstörungen und Depression. Diese Stresshormone werden durch Waldbaden gesenkt.
Der Gegenspieler des Cortisols ist das Anti-Aging-Hormon DHEA. Es erhöht die Vitalität, stärkt das Immunsystem, das Herz-Kreislauf-System, die Gedächtnisleistung und den Knochenbau. Es verhindert den Kollagenabbau, macht dadurch die Haut elastischer und sorgt dafür, dass weniger Falten entstehen. Durch Waldbaden steigt der Spiegel an DHEA.
Die natürlichen Killerzellen, welche Tumorzellen und von viralen Erregern befallene kranke Zellen abtöten, werden durch Waldbaden erhöht. Nach einem Tag im Wald steigt die Anzahl der Killerzellen um 50% und ihrer Aktivität um 40%. Dieser Effekt bleibt eine Woche lang erhalten.
Die Bäume, und ebenso alle anderen Pflanzen, kommunizieren über Terpene miteinander. Die Pflanzen sondern sie vor vor allem über Blätter und Nadeln, aber auch über die Rinde ab, um Informationen auszutauschen. Diese machen den würzigen Waldduft aus. Beim Waldbaden trifft dieses Kommunikationssystem der Pflanzen auf unser Immunsystem, und unser Immunsystem versteht diese bioaktiven Substanzen. Wir sind also viel mehr im Austausch mit unserer Umwelt als uns bisher bewusst war.
Dieses Bakterium lebt im Erdboden. Bei Gartenarbeit, wenn wir den Boden aufwühlen, wird es von unserem Körper aufgenommen. Es stärkt unser Immunsystem und wirkt wie ein Antidepressivum.